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    Dr. Kurt Herzberg, Bürgerbeauftragter des Freistaats Thüringen

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Muss man als Eigentümer auch solche öffentlichen Abgaben übernehmen, die vor dem Erwerb des Grundstücks entstanden sind?

Eine Bürgerin hatte im April 2012 ein Grundstück erworben. Zu diesem Zeitpunkt existierte bereits ein bestandskräftiger Herstellungsbeitragsbescheid des Wasser- und Abwasserzweckverbandes gegen den Voreigentümer aus dem Jahr 1998. Hier stand noch eine höhere Forderung zur Zahlung aus. Da der Voreigentümer die Forderung jedoch nicht beglichen hatte, bekam nunmehr die Neueigentümerin einen Bescheid des Wasser- und Abwasserzweckverbandes. Dieser Bescheid verpflichtete sie bei Nichtzahlung zur Duldung der Zwangsvollstreckung in ihr Grundstück. Begründet wurde dies damit, dass der ausstehende Betrag als öffentliche Last auf ihrem Grundstück ruhe und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Voreigentümer und persönlich Beitragspflichtigen erfolglos verlaufen waren.

Die Bürgerin konnte nicht nachvollziehen, wieso sie die „Schulden eines anderen“ tragen sollte und wandte sich hilfesuchend an den Bürgerbeauftragten mit der Bitte um Prüfung dieses Duldungsbescheides.

Lösungsansatz und Ergebnis

Rechtsgrundlage für den Erlass eines Duldungsbescheides stellen in Thüringen die § 7 Abs. 11 und § 15 Abs. 1 Nr. 2c), Nr. 4 b) ff) ThürKAG i.V. m. §§ 77 Abs. 2, 191 AO dar. Danach kann der Gläubiger eines Beitrags, der als öffentliche Last auf einem Grundstück ruht, den Grundstückseigentümer per Bescheid zur Duldung der Zwangsvollstreckung in sein Grundstück verpflichten.

Eine öffentliche Last ist ein auf öffentlichem Recht beruhendes Grundpfandrecht am belasteten Grundstück. Sie betrifft Abgaben und Leistungen, die öffentlich-rechtlich erhoben werden und nicht auf einem privatrechtlichen Titel beruhen. Die öffentliche Last verpflichtet den Eigentümer des belasteten Grundstücks bei Nichtzahlung die Zwangsvollstreckung in dieses zu dulden. Für die Inanspruchnahme eines Grundstücks ist gem. § 191 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. AO der Erlass eines Duldungsbescheides ausreichend.

Die öffentliche Last ist dabei in zweierlei Hinsicht abhängig vom Bestehen eines anderen Rechts:

1. Die Inanspruchnahme eines Grundstückseigentümers kann erst erfolgen, wenn die sogenannte sachliche Beitragspflicht besteht, d.h. das Grundstück durch die mit dem Beitrag abzugeltende Maßnahme die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Vorteils erlangt hat.

2. Die Duldungspflicht setzt darüber hinaus ferner voraus, dass ein auf dieser sachlichen Beitragspflicht beruhender Heranziehungsbescheid dem Grundstückseigentümer formwirksam bekanntgegeben wurde. Dadurch entsteht die sogenannte persönliche Beitragspflicht.

Im Regelfall fallen Grundstückseigentümer und persönlich Beitragspflichtiger in einer Person zusammen. Solang der persönlich Beitragspflichtige auch Eigentümer des Grundstücks ist, haftet er für die Beitragsforderung mit seinem gesamten Vermögen einschließlich des Grundstücks.

Wechselt nunmehr in der Folgezeit das Eigentum, so wie im Fall der Bürgerin, bleibt die persönliche Beitragspflicht des Voreigentümers auch nach einem Grundstücksübergang bestehen. Er haftet weiter mit seinem gesamten Vermögen, welches naturgemäß um das Grundstück vermindert ist.

Der neue Eigentümer ist nicht selbst persönlich beitragspflichtig, haftet aber dinglich, d.h. nur mit seinem Grundstück, nicht mit seinem Vermögen. Dies mag besonders in den Fällen, in denen das Grundstück den wesentlichen Teil des Vermögens ausmacht, zugegebenermaßen eine seltsame Unterscheidung darstellen.

Untechnisch ausgedrückt war die Bürgerin also nicht als Person Schuldnerin der Beitragsforderung, vielmehr war das Grundstück selbst belastet, d.h. das Grundstück „haftet“ für die Forderung – egal, wem es gerade gehört. Um eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu vermeiden, steht es dem aktuellen Eigentümer frei, die öffentliche Abgabenforderung zu befriedigen. Anders gewendet: Aus der Grundstücksgebundenheit der öffentlichen Lasten resultiert, dass die Zahlungsverpflichtung unabhängig vom Zeitpunkt ihres Entstehens den jeweiligen Grundstückseigentümer im Zeitpunkt der Inanspruchnahme trifft.

Der Gläubiger, hier der Zweckverband, muss allerdings vorrangig den persönlich Beitragspflichtigen vor einer Zwangsvollstreckung in das (mittlerweile einem neuen Eigentümer gehörenden) Grundstück in Anspruch nehmen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der oberen Verwaltungsgerichte der Länder. Demnach ist eine Inanspruchnahme des Grundstücks (und damit mittelbar des neuen Eigentümers) nur dann zulässig, wenn die Durchsetzung der Forderung beim persönlich Berechtigten ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass sie aussichtslos sein würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.02.1987, Az. 8 C 25/85, Rn. 22-24).

Eine Prüfung, inwiefern die von der Behörde bzw. dem Zweckverband ergriffenen Maßnahmen zur Forderungseintreibung effektiv und zielführend waren, wird in der Regel nicht vorgenommen. Ausreichend ist, dass die Behörde überhaupt Anstrengungen unternommen hat. Dabei ist auch zu beachten, dass die Behörde bei der Entscheidung, welche Maßnahmen zur zwangsweisen Beitreibung der Forderung ergriffen werden, auch deren Wirtschaftlichkeit im Blick behalten muss. Für den Fall, dass die Behörde Kenntnis von der Insolvenz eines Beitragsschuldners hat und (kostenpflichtige) Vollstreckungsmaßnahmen daher aussichtslos sind, hat eine Anordnung derselben zu unterbleiben.

Da der Voreigentümer insolvent war und die Bürgerin in jedem Fall ihr Grundstück vor der Zwangsvollstreckung bewahren wollte, blieb ihr schlussendlich nichts anderes übrig, als die offene Forderung zu bezahlen.

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