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  • Dr. K. Herzberg an seinem Schreibtisch

    Dr. Kurt Herzberg, Bürgerbeauftragter des Freistaats Thüringen

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  • Herzberg übergibt Jahresbericht an die Landtagspräsidentin

    „Augenhöhe trotz Krisenmodus“ Bürgerbeauftragter übergibt Tätigkeitsbericht an die Präsidentin des Thüringer Landtags

    Foto: Thüringer Bürgerbeauftragter
  • Feuerwehrfahrzeug

    Fall des Monats: „Wo Rauch ist, ist auch Feuer.“ – Von wegen …..

    Foto: Gabi Schoenemann/pixelio.de
  • Bürgerbeauftragtengesetz

    Umweltrelevante Großprojekte – viele Unsicherheiten und hoher Aufklärungsbedarf

    Foto: Der Bürgerbeauftragte des Freistaats Thüringen
  • Stempelabdruck mit Word

    Information: Muss die Behörde eine Eingangsbestätigung versenden?

    Foto: Claudia Hautumm/pixelio.de
  • Herzberg im Gespräch mit einer Besucherin

    Der Bürgerbeauftragte auf der Thüringenausstellung 2024

    Foto: Thüringer Bürgerbeauftragter
  • Der Bürgerbeauftragte im Gespräch

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Kein Gemeingebrauch einer Straße

Mehrere Anwohner einer schmalen Straße wandten sich an den Bürgerbeauftragten und trugen vor, dass durch zwei andere Anwohner in etwa der Mitte dieser Straße ein Zaun sowie ein Poller so errichtet worden seien, dass ein Durchfahren der gesamten Straße nicht mehr möglich sei. Dies sei aber in bestimmten Situationen (z. B. bei Rettungseinsätzen, aber auch zu Versorgungszwecken) zwingend erforderlich, weshalb die Bürger eine mangelhafte Erreichbarkeit ihrer Grundstücke beklagen. 

Die Straße sei im Zuge einer Bebauung mit Wohnhäusern in zwei Abschnitten (in den 1930er und den 1970er Jahren) entstanden. Beide Abschnitte überschneiden sich in dem Bereich, in dem sich Zaun und Poller befinden und werden entsprechend ihrer Entstehung als "alter" bzw. "neuer" Weg bezeichnet. Die betreffenden Grundstücke der Anwohner seien verkehrstechnisch heute allein durch diese Straße erschlossen. Der Straßenkörper befinde sich teilweise im Eigentum der Kommune aber zum Teil auch in privater Hand. 

Seit Anfang 2015, so die Bürger, habe man sich nun schon bemüht, wegen der mangelnden Erreichbarkeit ihrer Grundstücke eine Lösung zu erreichen und habe sich zunächst an die Kommune als Straßenbaulastträger gewandt. Diese habe aber nichts unternommen weil sie den Standpunkt vertrete, dass auf Grund der historischen Entwicklung dieser Verkehrsflächen nur eine fiktive Widmung zur fußläufigen Nutzung (sprich Gehweg) vorliege. 

Das mit dem Sachverhalt ebenfalls befasste Landratsamts hingegen hielt aber ein Einschreiten durch die Kommune gegen die o. g., den Gemeingebrauch für jeglichen Fahrzeugverkehr verhindernden Baulichkeiten vor allem auch aufgrund der von den Bürgern dargelegten Gefahrensituationen und Defizite für angezeigt. Deshalb hatte es sich mit Blick auf die Bestimmungen des § 48 Thüringer Straßengesetz (ThürStrG) an das Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr (TLBV) als Straßenaufsichtsbehörde gewandt. Gem. § 48 ThürStrG wird die Erfüllung der Aufgaben, die den Trägern der Straßenbaulast nach den gesetzlichen Bestimmungen obliegen, durch die Straßenaufsicht überwacht. Kommt ein Träger der Straßenbaulast seinen Pflichten nicht nach, so kann die Straßenaufsichtsbehörde anordnen, dass er die notwendigen Maßnahmen innerhalb einer bestimmten Frist durchführt. Kommt der Träger der Straßenbaulast der Anordnung nicht nach, so kann die Straßenaufsichtsbehörde die notwendigen Maßnahmen an seiner Stelle und auf seine Kosten selbst durchführen oder durch einen anderen durchführen lassen. 

Nach seiner Prüfung der Angelegenheit teilte das TLBV aber mit, dass ein Einschreiten im Rahmen des vorliegenden Sachverhalts nicht gegeben sei. 

Aufgrund dieser Situation und der divergierenden rechtlichen Auffassungen der beteiligten Behörden hat sich der Bürgerbeauftragte im Zuge der Bearbeitung des Bürgeranliegens mit dem Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft (TMIL) in Verbindung gesetzt.

Lösungsansatz und Ergebnis:

Nach Abschluss einer tiefgründigen rechtlichen Prüfung im Hinblick auf die Sperrung der Straße durch die Zaunanlage und das Aufstellen eines Pollers, konnten den Bürgern entsprechend der folgenden Fragestellungen die nachstehenden Erläuterungen gegeben werden:

  • Handelt es sich bei dem „alten" und dem „neuen" Teilabschnitt der Straße jeweils um öffentliche Wege im Sinne des ThürStrG?
  • Wäre die Kommune berechtigt und ggf. auch verpflichtet, die vorhandene räumliche Trennung der Straße zu beseitigen oder deren Beseitigung zu verlangen?
  • Besteht ein Bedarf für die Aufhebung der räumlichen Trennung, beispielsweise mit Blick auf die Erreichbarkeit für Feuerwehr und Rettungskräfte bzw. für den Anlieferverkehr?
  • Ist vorliegend ein Einschreiten der Straßenaufsicht möglich und ggf. auch erforderlich?

Hinsichtlich der Frage, ob es sich um eine öffentliche Straße handelt, konnten zu den in der Vergangenheit liegenden und daher nicht mehr eindeutig feststellbaren Gegebenheiten und Nutzungen keine verbindlichen Aussagen getroffen werden. Eine für die Beteiligten verbindliche Klärung obliegt insoweit ausschließlich den Gerichten. 

Es wäre möglich, dass es sich bei beiden Straßen-Abschnitten um so genannte Interessentenwege handelt, die dann keine öffentlichen Wege im Sinne des ThürStrG wären. Interessentenwege sind Wege, die ausschließlich einem individuell feststehenden Personenkreis (hier wenigen Anliegern) offenstehen und im Übrigen nicht Teil des für die Allgemeinheit offenen Wegesystems sind. Im vorliegenden Fall liegen für eine solche Einschätzung durchaus einige Anhaltspunkte vor. Es ist daher nicht auszuschließen, dass diese Frage bei einer in der Zukunft denkbaren rechtlichen Auseinandersetzung eine Rolle spielen könnte.

Da die Kommune selbst aber von einer Öffentlichkeit beider Wege-Abschnitte ausgeht und aus den Unterlagen nicht hervorgeht, dass die anderen Beteiligten dies bestreiten, wurde im Rahmen der Prüfung davon ausgegangen, dass dem tatsächlich so ist. 

In diesem Fall ergäbe sich die Widmung als Gemeindestraße aus der Überleitungsregelung des § 52 Abs. 3 i. V. m. Abs. 6 ThürStrG. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass diese Überleitung nur in dem Umfang erfolgen kann, in dem zum Zeitpunkt der Überleitung (Inkrafttreten des ThürStrG — 14.05.1993) nach dem Recht der früheren DDR auch tatsächlich eine öffentliche Nutzung gegeben war. Die Flächen des "alten" Wegs im Bereich des streitigen Zauns und des Pollers befinden sich in privatem Eigentum. Auch nach dem Recht der früheren DDR war eine öffentliche Nutzung privater Flächen im Zweifel nur zulässig, wenn der Eigentümer der Flächen mit dieser Nutzung einverstanden war. 

Während man ggf. davon ausgehen könnte, dass die betreffenden Flächen teilweise öffentlich genutzt wurden, bliebe fraglich, ob dies auch bezüglich der Flächen im Bereich der Überschneidung des „alten" und dem „neuen" Weg galt, auf denen sich bereits damals ein Zaun befand. Denn dort, wo der Zaun stand, war eine öffentliche Nutzung praktisch nicht möglich. 

Sollte sich der Zaun auf den privaten Flurstücken befunden haben bzw. heute noch befinden, wäre die Fläche, auf der er steht, schon früher nicht öffentlich genutzt worden und damit auch heute nicht Bestandteil des öffentlichen Weges. Dann hätte sich auch das Einverständnis des Eigentümers zur öffentlichen Nutzung damals nicht auf diese Flächen bezogen. 

Da heute nach dem Thüringer Straßengesetz eine Widmung nur mit Zustimmung des privaten Eigentümers möglich ist, könnte die Kommune diese Flächen heute auch nicht ohne eine solche Zustimmung widmen. Folglich könnte die Kommune auch nicht die Beseitigung des heutigen Zauns oder des Pollers verlangen. 

Befand sich der Zaun jedoch auf den Flächen des „neuen" Wegs, also im Eigentum der Kommune, käme es nicht zu der beschriebenen Einschränkung bezüglich der betreffenden Flurstücke des „alten" Wegs. Auch in diesem Fall steht jedoch keinesfalls zweifelsfrei fest, dass die Kommune dann eine Beseitigung des Zauns betreiben könnte. In diesem Fall wäre zu erörtern, welche Tragweite das damalige Einverständnis der Eigentümer der privaten Flächen im Bereich des „alten" Weges hatte und welchen Zwecken dieser Weg ursprünglich diente. 

Zum Zeitpunkt der Errichtung diente der Weg zunächst ausschließlich der Erreichbarkeit der eigenen Grundstücke der Eigentümer, der „neue" Weg wurde erst Jahrzehnte später angelegt. Zum Zeitpunkt der Überleitung (1993) war nach Angaben der Kommune eine räumliche Trennung der beiden Wege‑Abschnitte immer noch vorhanden. Wenn das zutrifft, dann diente der „alte" Weg auch zu diesem Zeitpunkt lediglich den eigenen Interessen der Eigentümer an der Erschließung ihrer eigenen Grundstücke. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte dann keinerlei Durchgangsverkehr stattgefunden. Insoweit ist durchaus der Standpunkt vertretbar, dass sich das Einverständnis der Eigentümer an einer öffentlichen Nutzung bisher lediglich auf die Nutzung zur Erschließung ihrer eigenen Grundstücke bezogen hat, nie aber auf eine darüberhinausgehende Nutzung, insbesondere nicht auf eine Nutzung für den Durchgangsverkehr. Letztlich könnte jedoch auch diese Frage verbindlich nur von Gerichten entschieden werden. 

Auch bezüglich der Frage, ob ein Bedarf für eine Aufhebung der Trennung der beiden Wege besteht, wäre zu erörtern, seit wann diese Trennung tatsächlich besteht. Abgesehen davon, dass der Poller vor etwa 10 Jahren angelegt wurde und einen früheren Zaun ersetzte,  bestand die Trennung entsprechend der Angaben der Kommune bereits zu Zeiten der DDR und wurde auch seither nicht aufgehoben.

Angesichts dieser scheinbar schon immer vorhandenen und nie dauerhaft aufgegebenen Trennung der beiden Wege-Abschnitte ist fraglich, wie die Situation früher gehandhabt bzw. warum der von den Anliegern des „alten" Weges vorgetragene Bedarf erst in jüngster Zeit relevant wurde. Die Kommune hat hierzu angedeutet, dass es sich hier auch um einen Nachbarstreit handelt. 

Die (rechtlich) ausreichende Erschließung der Grundstücke setzt eine ausreichende Erreichbarkeit für Rettungsdienst und Feuerwehr voraus. Beides ist nach Aussage der Kommune und auch des Landratsamtes gegeben und wurde von Rettungsdienst und Feuerwehr auch bestätigt. 

Die weiteren von den Bürgern vorgetragenen Aspekte (insbesondere Gefälle, Probleme im Winter, schlechter Straßenzustand, keine oder nur bedingte Nutzbarkeit für größere Fahrzeuge wegen der Engstelle des „alten" Wege-Abschnittes mit nur 2,70 m Breite unmittelbar im Einfahrtsbereich) sind für die Frage der gesicherten Erschließung nicht relevant und ergeben keine Verpflichtung der Kommune zum Handeln. 

Angesichts dessen ist hier ein Einschreiten des TLBV als Straßenaufsicht auch nicht angezeigt. Das ergibt sich zunächst daraus, dass hier einige Voraussetzungen nicht erfüllt sind, die ein Einschreiten überhaupt erst erlauben würden und die das TLBV auch selbst nicht verbindlich klären könnte. Das betrifft insbesondere die Frage der Öffentlichkeit der beiden Wege-Abschnitte und welche Möglichkeiten der Kommune zur Aufhebung der Trennung rechtlich überhaupt zustehen würden. Entscheidend ist hier jedoch der Umstand, dass die räumliche Trennung augenscheinlich vermutlich schon immer bestanden hat und nicht erst nachträglich durch die Eigentümer der betreffenden Flurstücke herbeigeführt wurde.

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